Spezialsituationen

perioperatives Management

Perioperatives Management der Myasthenia gravis

Elektive Operationen sollten nach Möglichkeit dann durchgeführt werden, wenn keine oder nur geringe Symptome der Myasthenie vorliegen. Ansonsten ist zuvor eine medikamentöse Optimierung anzustreben. Abhängig von der Dringlichkeit des Eingriffs und der Schwere der Symptome sind auch Austauschverfahren (IA, PLEX) in Erwägung zu ziehen. Hinsichtlich der Narkose ist eine Regionalanästhesie gegenüber einer Vollnarkose zu bevorzugen, wenn die vorgesehene OP dies zulässt.

Die Einnahme der zur Therapie der Myasthenie verordneten Medikamente sollte so kurz wie möglich unterbrochen werden. Allerdings kann erwogen werden, Immunsuppressiva und Steroide vorübergehend in der Dosis zu reduzieren bzw. zu pausieren (cave: kein abruptes Absetzen von Glucocorticoiden), um Wundheilungsstörungen zu vermeiden. Cholinesteraseinhibitoren sollten bis kurz vor und möglichst bald nach der Operation verabreicht werden. Im Bedarfsfall kann dies auch parenteral geschehen.

Wenn eine Vollnarkose notwendig wird, können Propofol, Opioide und nicht depolarisierende Muskelrelaxantien zur Einleitung und Aufrechterhaltung eingesetzt werden (z. B. Propofol, Remifentanil, Rocuronium). Für Muskelrelaxantien ist häufig eine geringere Dosis als bei Gesunden notwendig. Auf den Einsatz depolarisierender Relaxantien sollte verzichtet werden. Ein Monitoring von Narkosetiefe und Relaxierung ist obligat. Die Extubation darf erst bei ausreichender Spontanatmung und vorhandenem Hustenreflex erfolgen. Der Effekt von Narkose und Relaxierung kann bei Menschen, die unter einer Myasthenie leiden, das bekannte Maß übersteigen, so dass Hypoventilation, Dysphagie und Aspiration länger fortbestehen. Deswegen muss niedrigschwellig eine postoperative Überwachung auf einer Wach-/Intensivstation erfolgen.
Im Rahmen des postoperativen Schmerz- und Delirmanagements können bei entsprechender Indikation peripher wirksame Analgetika, Opioide, niedrigpotente Neuroleptika, Clonidin u. a. eingesetzt werden. Kurz wirksame Substanzen sind zu bevorzugen, außerdem muss eine Überwachung der Atemfunktion gewährleistet sein (siehe oben). Gleiches gilt auch für den Gebrauch von Benzodiazepinen. Für die Schmerztherapie sind regionale Verfahren vorteilhaft, z. B. periphere Schmerzkatheter, wenn dies möglich ist.
Im Fall einer Lokalanästhesie (z. B. im Rahmen einer Zahnbehandlung) sind Lokalanästhetika vom Amid-Typ zu bevorzugen (u. a. Mepivacain, Prilocain). Cholinesteraseinhibitoren können Einfluss auf den Metabolismus von Lokalanästhetika vom Ester-Typ haben, so dass eine Verwendung nicht empfohlen wird.

Autor

Dr. Björn Zimmerlein
Klinik für Neurologie, Krankenhaus Nordwest, Frankfurt am Main

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