Myasthenie

Rozanolixizumab

INDIKATION

Rozanolixizumab (Rystiggo®) ist ein humanisierter monoklonaler IgG4-Antikörper, der über die Bindung an den neonatalen Fc-Rezeptor (FcRn) wirkt. Der FcRn steht damit nicht mehr für das physiologische intrazelluläre Recycling von IgG zur Verfügung. Infolge werden alle IgG-Moleküle, einschließlich pathologischer Antikörper, wie die Acetylcholin-Rezeptor (AChR) und Muskelspezifische-Rezeptortyrosinkinase (MuSK) spezifischen Antikörper verstärkt lysosomal abgebaut und deren Serumkonzentration damit deutlich reduziert.

In der zur Zulassung von Rozanolixizumab führenden multizentrischen, randomisierten, doppelblinden und Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie MycarinG wurde der primäre Studienendpunkt für die AChR- und die MuSK-Antikörper-positive generalisierte Myasthenia gravis (AChR-/MUSK positiven gMG mit einer klinisch signifikanten Verbesserung ≥ 2 Punkten im myasthenie-spezifischen Score zu Aktivitäten des täglichen Lebens: MG-ADL) 43 Tage nach Baseline (erste Infusion) erreicht.

Rozanolixizumab ist seit März 2024 als Zusatztherapie zur Standardbehandlung der AChR-/MUSK positiven gMG zugelassen. Jenseits der Standardtherapien liegen keine direkten prospektiven Vergleichsdaten zur Wirksamkeit für weitere in den Qualitätshandbüchern beschriebenen MG-Therapieoptionen (insbesondere dem FcRn-Modulator Efgartigimod alfa, aber auch Rituximab, Eculizumab oder Ravulizumab) vor.

Die Entscheidung zur Therapie mit Rozanolixizumab sollte nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung unter Einbeziehung von Krankheitsaktivität, Therapierisiken und möglichen Therapiealternativen individuell auf Basis der Empfehlungen der DGN-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie myasthener Syndrome getroffen werden. Auf Basis aktueller Studiendaten besteht die Indikation für die Add-On-Therapie mit Rozanolixizumab bei gMG-Patienten mit positivem Nachweis von AChR- bzw. MuSK-Antikörpern und (hoch-)aktivem Krankheitsverlauf unter Standardtherapie (Pyridostigmin, Immunsuppressiva inkl. Thymektomie), d. h.

  • die weiterhin alltagsrelevante myasthene Symptome haben,
  • die kein ausreichendes Ansprechen auf eine Immunsuppression zeigen, die hinreichend hoch dosiert und hinreichend lange eingesetzt wurde,
  • die wiederholt mit intravenösen Immunglobulinen oder Plasmaaustauschverfahren behandelt werden mussten und/oder
  • intensivmedizinische Therapien wegen schwerer myasthener Exazerbationen / Krisen erhalten haben.

Es wird empfohlen, die Therapieentscheidung in Absprache mit einem in dieser Therapie und mit der Myasthenie erfahrenen Zentrum (z. B. integriertes Myasthenie Zentrum) zu treffen und die Patienten in einem spezifischen Krankheitsregister (z. B. Deutschen Myasthenie Register) zu erfassen.

KONTRAINDIKATIONEN

Eine absolute Kontraindikation besteht bei

  • Hypersensitivität gegenüber dem Wirkstoff oder einem der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.
  • Hypogammaglobulinämie bzw. IgG-Mangel <2 g/l.

Eine relative Kontraindikation besteht bei

  • Schwangerschaft und Stillzeit.
  • akuten und chronischen systemischen Infektionen.

DOSIERUNG

Rozanolixizumab wird als subkutane Infusion gewichtsadaptiert unter Verwendung einer Infusionspumpe verabreicht.

Patienten

  • mit einem Körpergewicht von 35 bis 50 kg erhalten 280 mg (2 ml, entspricht 1 Durchstechflasche).
  • mit einem Körpergewicht von 50 bis 70 kg erhalten 420 mg (3 ml, entspricht 2 Durchstechflaschen).
  • mit einem Körpergewicht von 70 bis 100 kg erhalten 560 mg (4 ml, entspricht 2 Durchstechflaschen).
  • mit einem Körpergewicht ab 100 kg erhalten 840 mg (6 ml, entspricht 3 Durchstechflaschen).

Aktuell erfolgt die Therapie entsprechend der MycarinG-Studie in Zyklen. Ein Zyklus besteht aus 6 Infusionen, die im wöchentlichen Abstand verabreicht werden (Tag 0, 7, 14, 21, 28, 35). Danach folgt ein infusionsfreies Intervall von mindestens 4 Wochen. In Abhängigkeit des klinischen Verlaufs kann anschließend ein erneuter Zyklus erfolgen, wobei die Intervalle flexibel sein können. Zur Beurteilung des klinischen Verlaufs sollte in erster Linie der MG-ADL-Score eingesetzt werden. Im Falle einer Verschlechterung sollte zeitnah ein neuer Zyklus unter Berücksichtigung des 4-wöchentlichen infusionsfreien Intervalls erfolgen. Die Verschlechterung sollte messbar sein, aber nicht den Ausgangszustand vor Zyklus erreichen. Falls eine Infusion nicht stattfinden kann, sollte diese möglichst innerhalb von +/- 4 Tagen nachgeholt werden. Danach soll das ursprüngliche Dosierungsschema wieder aufgenommen werden, bis der Behandlungszyklus abgeschlossen ist. Bei klinischen Infektzeichen muss ggf. die Infusion ausgesetzt werden und die Wiederaufnahme der Infusion(en) nach Genesung der Infektion individuell entschieden werden.

Überdosierung

Es liegen keine Daten zu Symptomen im Zusammenhang mit einer Überdosierung vor. Eine subkutane Einzeldosis bis zu 20 mg/kg (2162 mg/Gabe) und wöchentliche subkutane Dosen von 10 mg/kg (1120 mg/Gabe) für bis zu 52 Wochen wurden im Rahmen klinischer Studien ohne dosislimitierende Toxizität verabreicht.

PHARMAKOKINETIK

  • Etwa zwei Tage nach subkutaner Anwendung erreicht Rozanolixizumab seine Spitzenplasmakonzentration. Die absolute Bioverfügbarkeit von Rozanolixizumab nach subkutaner Anwendung beträgt etwa 70 %.
  • Man geht davon aus, dass Rozanolixizumab durch proteolytische Enzyme in kleine Peptide und Aminosäuren abgebaut wird. Dieser Vorgang ähnelt dem Abbauvorgang von endogenem IgG.
  • Die Halbwertszeit von Rozanolixizumab ist konzentrationsabhängig und kann nicht berechnet werden. Bei Patienten mit MG betrug die scheinbare lineare Clearance 0,9 l/Tag.
  • Die Rozanolixizumab-Plasmakonzentrationen sind innerhalb einer Woche nach der Dosisgabe nicht nachweisbar.
  • Die Pharmakokinetik wurde nicht vom Alter, Geschlecht oder der ethnischen Abstammung beeinflusst. Es wurden keine speziellen Studien bei Patienten mit Nieren- oder Leberfunktionsstörung durchgeführt. Es wird jedoch nicht erwartet, dass eine Nieren- oder Leberfunktionsstörung die Pharmakokinetik von Rozanolixizumab relevant beeinflusst.
  • Es liegen keine pharmakokinetischen Daten über den Effekt und die Sicherheit von Impfungen während der Rozanolixizumab-Therapie vor. Die Sicherheit der Immunisierung mit Lebendimpfstoffen oder attenuierten Lebendimpfstoffen und die Reaktion auf die Immunisierung mit Impfstoffen sind nicht bekannt. Lebendimpfstoffe sollten aber nach Möglichkeit bei einer Myasthenia gravis vermieden werden.
  • Rozanolixizumab kann als IgG-Antikörper potenziell die Plazentaschranke passieren. Es ist nicht bekannt, ob Rozanolixizumab in die Muttermilch übertritt. Da maternales IgG in den ersten Tagen nach der Geburt in die Muttermilch übergeht, was bald darauf nur noch in geringen Konzentrationen geschieht, kann ein Risiko für gestillte Säuglinge während dieses kurzen Zeitraums nicht ausgeschlossen werden.

PHARMAKODYNAMIK

  • Rozanolixizumab senkt als FcRn-Antagonist die IgG-Gesamtkonzentration genauso wie die pathogener Auto-Antikörper vom IgG-Typ.
  • Bereits ca. 7 Tage nach Gabe von Rozanolixizumab kam es in einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie an gMG-Patienten zu einer Reduktion des Gesamt-IgGs um 45 % gegenüber Baseline. Die maximale Abnahme des Gesamt-IgG-Spiegels zeigte sich nach ca. drei Wochen mit einer Reduktion um ca. 75 % der Patienten. Nach Beendigung der Anwendung erreichten die IgG-Konzentrationen innerhalb von acht Wochen wieder den Ausgangswert.
  • Parallel hierzu zeigte sich eine Abnahme des AChR-Antikörper-Spiegels mit ebenfalls einer max. Abnahme von etwa 70 % der Patienten eine Woche nach der Infusion, wobei ca. 7 Wochen nach der letzten Infusion wieder das Ausgangsniveau erreicht wurde.
  • Rozanolixizumab hat keinen Einfluss auf die Serumkonzentrationen von IgA, IgM, IgD und IgE. Der Albuminspiegel wird nicht klinisch relevant durch die Anwendung von Rozanolixizumab beeinflusst.
  • Im Rahmen der Zulassungsstudien konnten am Ende des ersten sechswöchigen Behandlungszyklus bei 27,1 % der Patienten Antikörper gegen Rozanolixizumab nachgewiesen werden. Davon wurden 10,3 % als neutralisierend klassifiziert. Die Entwicklung neutralisierender Antikörper führte dabei zwar zu einer Reduktion der Gesamtexposition gegenüber Rozanolixizumab um 24 %, dies hatte jedoch keinen erkennbaren Einfluss auf Wirksamkeit und Sicherheit.

DIAGNOSTIK VOR BEGINN MIT ROZANOLIXIZUMAB

Anamnese und klinische Untersuchung zu möglichen Kontraindikationen

Durch Anamnese und klinische Untersuchung sollten gezielt vor jeder Rozanolixizumab-Infusion mögliche Kontraindikationen (insbesondere Infektionen) ausgeschlossen werden. Die, wenn auch selten im Kontext der MG zu beobachtenden Immundefizienz-Syndrome, insbesondere solche mit Hypogammaglobulinämie, sollten vor erstmaliger Gabe von Rozanolixizumab ausgeschlossen werden. Anamnese und Untersuchung müssen detailliert dokumentiert werden (obligat). Bei Patienten mit aktiver systemischer Infektion sollte der Therapiebeginn verschoben werden, bis die Infektion remittiert ist (obligat). Aufgrund der Gefahr der Infekt-assoziierten Verschlechterungen der MG sollte jedoch eine längere Therapiepause vermieden werden und ggf. die Rozanolixizumab-Therapie unter anti-infektiver Behandlung eingeleitet werden.

Labor-Basisprogramm

  • Routinelaborparameter: Die Bestimmung des Differentialblutbilds, Leberwerten (GOT, GPT, GGT, Bilirubin) und Nierenwerten (Kreatinin) vor Therapiebeginn ist obligat.
  • Die quantitative IgG-Bestimmung ist obligat. Ein verbindlicher Schwellenwert existiert nicht. Orientiert man sich an der aktuellen Studienliteratur, sind Werte VOR Beginn des (jeweiligen) Zyklus von 5 g/l die untere Grenze.
  • Entzündungs- und Infektionsparameter: Vor jeder Gabe von Rozanolixizumab sollte ein Screening auf akute Entzündungen erfolgen (kleines Blutbild, CRP und Urinstatus). Zudem sollte vor der Einstellung auf Rozanolixizumab ein Screening auf chronische bakterielle und virale Infektionen (Lues, HBV, HCV, HIV) erfolgen (obligat). Bei V. a. Tbc in der Vorgeschichte oder Personen, die in Gebieten mit höherer Tbc-Prävalenz leben bzw. Kontakt zu Tbc-Erkrankten haben, sollte auf eine Tbc-spezifische Immunreaktion untersucht werden (mittels Tbc- spezifischem ELISPOT oder Interferon-Release-Test, z. B. Quantiferon®) (fakultativ) und bei positivem Testergebnis die Gefahr einer Tbc-Reaktivierung abgeklärt werden (Röntgen-Thorax und ggf. weitere Diagnostik) (fakultativ). Zudem sollte überprüft werden, ob Immunität gegen das Varizella-Zoster-Virus vorhanden ist (fakultativ).
  • Schwangerschaftstest: Bei Patientinnen im gebärfähigen Alter muss ein negativer Schwangerschaftstest vorliegen oder die Schwangerschaft anderweitig sicher ausgeschlossen sein (obligat).

Dokumentierte Aufklärung der Patienten über Therapie und Risiken

Eine standardisierte Aufklärung über Risiken und Nutzen der Rozanolixizumab-Therapie und eine schriftliche Einwilligungserklärung der Patienten sind vor Behandlungsbeginn (obligat).

Es sollte speziell auf ein erhöhtes Risiko von Infektionen sowie auf Vorsichtsmaßnahmen (sofortige ärztliche Vorstellung und ggf. früher Beginn einer entsprechenden Antibiotikatherapie) ausführlich eingegangen werden. In der MycarinG-Studie wurde eine erhöhte Rate an Atemwegsinfekten sowie Herpes-Simplex-Infektionen beobachtet. Darüber hinaus sollte über das Auftreten von Infusionsreaktionen, wie Fieber, Arthralgien, papulöser und erythematöser Hautausschlag, Angioödem sowie einer erhöhten Rate von, zumeist leichten, Kopfschmerzen und Diarrhöen aufgeklärt werden.

Aseptische Meningitis: Unter höheren Dosierungen von Rozanolixizumab wurden Fälle von aseptischer Meningitis beobachtet. Nach Absetzen der Behandlung heilten diese ohne Folgeschäden aus. Auch über diesen Aspekt sollte aufgeklärt und die Patienten über die entsprechenden Symptome einer möglichen Meningitis (Kopfschmerzen, Fieber, Nackensteifheit) informiert werden.

VORTHERAPIEN

Abstand und Maßnahmen

In der MycarinG-Studie wurde Rozanolixizumab als Add-On-Therapie eingesetzt. Die meisten Patienten wurden in ihrem vorangegangenen Krankheitsverlauf entsprechend den Leitlinienempfehlungen neben Pyridostigmin mit mindestens 2 der Standardimmuntherapeutika Kortikosteroide und Azathioprin, Mycophenolat Mofetil, Cyclosporin A, Tacrolimus, Methotrexat behandelt. Zudem war ein Teil der Patienten thymektomiert. Bei Exazerbationen bzw. myasthenen Krisen war eine Rescue-Therapie mittels intravenöser Immunglobuline und/oder Apharese-Verfahren vorgesehen, welche jedoch von keiner Studiengruppe in Anspruch genommen werden musste. Im Regelfall sollte Rozanolixizumab als Zusatztherapie zur Standardtherapie eingesetzt werden. Eine Therapiepause der Standardtherapie ist weder notwendig noch sinnvoll. Ein Wechsel der immunsuppressiven Standardtherapie, z. B. wegen Nebenwirkungen, kann im Verlauf erfolgen und sollte von Laboruntersuchungen zur Erfassung von Komplikationen (z. B. Lympho-/Leukopenien, Leberwerterhöhungen) flankiert werden (fakultativ).

DURCHFÜHRUNG UND MONITORING WÄHREND DER INFUSION

Die Verabreichung von Rozanolixizumab kann potenziell zu einer akuten Infusionsreaktion oder anaphylaktischen Reaktionen führen. Die Therapie soll daher nur unter entsprechenden Kautelen und engmaschiger Überwachung von erfahrenem medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden (obligat). Rozanolixizumab wird subkutan mittels einer Injektionspumpe appliziert. Dabei muss ein Infusionsset mit einem Mindestdurchmesser der Infusionsnadel von 26 Gauge verwendet werden. Empfohlene Applikationsorte sind der rechte bzw. linke Unterbauch. Die Infusionsdauer richtet sich nach der jeweiligen Dosierung. Die maximale Flussrate beträgt 20 ml/h (obligat).

Die Patienten sollen während und bis zu 15 Minuten nach Ende der Behandlung mit Rozanolixizumab überwacht werden. Falls während der Verabreichung eine Nebenwirkung auftritt, muss die Infusion abgebrochen und bei Bedarf eine symptomatische Therapie eingeleitet werden. Abhängig von deren Schwere und Dauer, kann nach dem Abklingen der unerwünschten Arzneimittelwirkung die Anwendung wieder aufgenommen werden.

Mittel zur Behandlung anaphylaktischer und/oder schwerer Reaktionen müssen verfügbar und das Infusionsteam hinsichtlich der Behandlung von anaphylaktischen und/oder schweren Infusionsreaktionen geschult sein (obligat). Ein uneingeschränkter Zugang zu einer intensivmedizinischen Versorgungs- und Behandlungseinheit im eigenen Haus oder im nächstgelegenen Krankenhaus ist nach der Erstversorgung einer schweren Infusions- oder allergischen Reaktion erforderlich (obligat). Bezüglich der Handhabung und Herstellung der Infusionslösung muss die Fachinformation herangezogen werden.

Obwohl die vorliegenden Daten für ein sehr gutes Sicherheitsprofil sprechen, sollte der erste Zyklus in einem entsprechend aufgestellten Krankenhaus durchgeführt werden, wobei ein ambulantes Setting ausreichend ist. Begründend dafür ist, dass es sich um eine vergleichsweise neue Therapie handelt. Die weiteren Behandlungszyklen sollten im ambulanten Setting bzw. niedergelassenen Bereich durch entsprechend erfahrene Kollegen unter den o. g. Kriterien durchgeführt werden.

MONITORING UND MASSNAHMEN UNTER ROZANOLIXIZUMAB

Klinisch-neurologische Kontrollen

Vor jeder Medikamenten-Gabe sollen Patienten gezielt nach Zeichen einer Infektion befragt bzw. untersucht werden (obligat). Vor der ersten und sechsten Infusion während eines Zyklus sollte mindestens der myasthenie-spezifische Score zu Aktivitäten des täglichen Lebens (MG-ADL-Score) erhoben werden, wobei begleitend die Bestimmung des quantitative Myasthenia gravis (QMG)-Score empfohlen wird. Weitere aussagekräftige Scores sind der MG-QoL15r und MGC (fakultativ). Damit lässt sich sowohl das Therapieansprechen wie auch eine im Verlauf zu erwartende Verschlechterung individuell messen. Auf dieser Basis können die Entscheidungen über die Wiederholung der Therapiezyklen getroffen werden.

Labor-Basisprogramm

Vor jedem Behandlungszyklus muss die quantitative IgG-Bestimmung erfolgen (relative Kontraindikation IgG-Spiegel < 5g/l). Differential-Blutbild sowie Leberparameter (GOT, GPT, Bilirubin, AP) und Nierenwerte (Kreatinin) sollten in Abhängigkeit der Begleiterkrankungen und Therapien regelmäßig erfolgen (obligat).

Impfungen

Spezifische Impfungen vor Therapieinitiierung sind nicht obligat erforderlich (siehe bitte auch Besondere Hinweise unten).

WÄHREND DER ROZANOLIXIZUMAB -THERAPIE

Myasthene Krisen, die unter Rozanolixizumab-Therapie auftreten, können mittels IVIg, Plasmapherese (PE) oder Immunadsorption (IA) behandelt werden. Es liegen weder aussagekräftige Daten zu Kombinationstherapien von Rozanolixizumab mit Apherese- oder IVIg-Behandlung noch zum sinnvollen zeitlichen Abstand zwischen Apherese/IVIg-Therapie und Rozanolixizumab-Infusion vor.

BESONDERE HINWEISE

Schwangerschaft und Stillzeit

  • Grundsätzlich sollte Rozanolixizumab während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden. Gemäß der EMA-Empfehlungen sind Frauen im gebärfähigen Alter auf die Notwendigkeit einer wirksamen Empfängnisverhütung während der Behandlung hinzuweisen (obligat).
  • Bisher liegen keine klinischen Daten zur Anwendung von Rozanolixizumab bei Schwangeren vor. Eine unerwartete Schwangerschaft unter Rozanolixizumab ist keine zwingende Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch. Es ist aufgrund des Wirkmechanismus von Rozanolixizumab mit einer Senkung der passiven Immunität des Fetus auszugehen. Ob ein Abbruch der Rozanolixizumab-Therapie bei Schwangerschaft erfolgen muss, bleibt eine Einzelfallentscheidung unter Nutzen-Risiko-Abwägung.
  • Ebenfalls liegen keine klinischen Daten zur Anwendung von Rozanolixizumab in der Stillzeit vor. Als IgG-Antikörper kann Rozanolixizumab insbesondere in den ersten Tagen nach der Geburt des Kindes in die Muttermilch übertreten. Danach nimmt die Konzentration rasch ab.
  • Sollte nach einer kritischen Nutzen-Risiko-Analyse im Rahmen einer individuellen Therapieentscheidung die Behandlung während der Schwangerschaft/Stillzeit für notwendig erachtet werden, wird zu einer strengen Überwachung von Mutter und Fetus entsprechend den lokalen Leitlinien geraten.

Impfungen

Impfungen sollten nach STIKO Empfehlungen für Erwachsene durchgeführt werden. Spezifische Impfempfehlungen vor Therapiebeginn mit Rozanolixizumab liegen nicht vor. Impfungen mit Lebend-Impfstoffen sind bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen unter immunsuppressiver Therapie grundsätzlich kontraindiziert. Es liegen keine Daten über die Sicherheit von Lebend-Impfstoffen unter Rozanolixizumab-Therapie vor. Ebenso existieren keine Daten bezüglich der Effektivität der Impfantwort.

Infektionen

Aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos ist eine besondere Wachsamkeit erforderlich. Bei Symptomen von Infektionen unter Rozanolixizumab sind unverzüglich Maßnahmen zu Diagnostik und Therapie einzuleiten.

DAUER DER THERAPIE

MG ist eine chronisch verlaufende Erkrankung, weshalb eine langfristige Immuntherapie grundsätzlich empfohlen wird. Aus den bisherigen Studien liegen Daten von Therapieverläufen von bis zu 60 Wochen vor, die keine Hinweise auf Sicherheitsrisiken geben, die eine lebenslange Therapie ausschließen. Die Therapie mit Rozanolixizumab sollte im Verlauf regelmäßig reevaluiert werden.

PATIENTENAUFKLÄRUNG

Die DMG stellt einen Patientenaufklärungsbogen zur Therapie mit Rozanolixizumab für Sie bereit. Diesen können Sie hier herunterladen.

Autoren

Diese Empfehlung wurde von der Deutschen Myasthenie Gesellschaft e.  V. unter der Federführung folgender Autoren erstellt:

  • Dr. med. Jan Grosch

    Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster

  • Univ.-Prof. Dr. med. Jan Lünemann

    Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster

  • Dr. med. Menekse Öztürk

    Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf

  • Univ.-Prof. Dr. med. Tobias Ruck

    Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf

Autoren

Dr. med. Jan Grosch

Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster

Univ.-Prof. Dr. med. Jan Lünemann

Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Münster

Dr. med. Menekse Öztürk

Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf

Univ.-Prof. Dr. med. Tobias Ruck

Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf