Myasthenie

Ravulizumab

Indikation

Ravulizumab (Ultomiris®) ist seit 2022 als Zusatztherapie zur Standardbehandlung der generalisierten, Acetylcholin-Rezeptor-Antikörper-positiven Myasthenia gravis (MG) zugelassen. In der Zulassungsstudie „CHAMPION-MG“ wurden nur Acetylcholin-Rezeptor-AK-seropositive Patienten untersucht. Direkte prospektive Vergleichsdaten zur Wirksamkeit gegenüber weiteren, im Qualitätshandbuch MG beschriebenen off-label Therapieoptionen (z. B. Rituximab, Mycophenolat-Mofetil, Tocilizumab) oder Eculizumab liegen nicht vor.

Die Entscheidung zur Therapie mit Ravulizumab sollte nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung unter Einbeziehung von Krankheitsaktivität, Therapierisiken und möglichen Therapiealternativen individuell getroffen werden. Besonders geeignet für die Add-On-Therapie mit Ravulizumab sind derzeit:

In erster Linie MG-Patienten unter Standardtherapie, die:

  • weiterhin (klinisch) relevante myasthene Symptome haben,
  • die kein ausreichendes Ansprechen auf eine Immunsuppression zeigen, die hinreichend hoch dosiert und hinreichend lange eingesetzt wurden
  • die aufgrund von Medikamentennebenwirkungen die bisherige Therapie abbrechen
  • die wiederholt eskalierte Therapiemaßnahmen wie intravenöser Immunglobuline oder Plasmaaustausch und/oder die einen Intensivmedizinischen Aufenthalt (z.B. bei myasthener Krise) benötigen

Es wird empfohlen, die Therapieentscheidung in Absprache mit einem Zentrum mit ausgewiesener Erfahrung in der MG Behandlung zu treffen und die Patienten im DMG-Register zu erfassen.

Ravulizumab ist ein rekombinanter humanisierter monoklonaler Antikörper, der an das humane Komplementprotein C5 bindet und so die sogenannte terminale Aktivierung der Komplementkaskade blockiert. Die verhinderte enzymatische Spaltung von C5 führt zur reduzierten Immunaktivierung durch C5a und zur reduzierten Ausbildung des Membranangriffskomplexes mit den Komplementfaktoren C5b-9, sodass die Zerstörung der neuromuskulären Endplatte verhindert werden kann. Ravulizumab stellt eine Weiterentwicklung des Medikaments Eculizumab dar. Die Infusionsfrequenz konnte bei Ravulizumab auf achtwöchentlich während der Erhaltungstherapie verlängert werden. Dies wird durch eine veränderte Fc-Region des Antikörpers bewirkt, die eine erhöhte Affinität für den neonatalen Fc-Rezeptor (FcRn) aufweist und damit ein verstärktes Recycling im Vergleich zu Eculizumab erreicht.

In der Phase-III-Studie CHAMPION-MG war 26 Wochen nach Therapiebeginn der primäre Endpunkt (Verbesserung des patientenbasierten Scores Myasthenia gravis-Activities of Daily Living (MG-ADL) im Vergleich zum Ausgangswert) signifikant besser in der Ravulizumab- verglichen zur Placebo-Gruppe. In dieser Studie waren ausschließlich Acetylcholin-Rezeptor-AK positive Patienten zugelassen. Deswegen besteht für die LRP4-AK-positive MG für die Therapie mit Ravulizumab keine Zulassung, sie ist pathophysiologisch aber sinnvoll (LRP4-Ak aktivieren Komplement). Für die MuSK-AK-positive MG ist die Therapie mit Ravulizumab ebenfalls nicht zugelassen. Dies ist jedoch auch pathophysiologisch nicht sinnvoll, da keine Komplementaktivierung durch MuSK-AK besteht.

Kontraindikationen

Eine absolute Kontraindikation besteht bei…

  • Hypersensitivität gegenüber dem Wirkstoff oder einem der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels.
  • nicht ausgeheilter Infektion mit Neisseria meningitidis.
  • Patienten ohne aktuellen Impfschutz gegen Neisseria meningitidis, es sei denn, sie erhalten in Ausnahmefällen bei dringender Therapieindikation eine geeignete Antibiotikaprophylaxe bis zwei Wochen nach der Impfung.

Eine relative Kontraindikation besteht bei…

  • Schwangerschaft oder während der Stillzeit.
  • akuten und chronischen systemischen Infektionen.

Dosierung

Ravulizumab wird als intravenöse Infusion verabreicht. Das Dosierungsschema besteht aus einem Induktionszyklus, an den sich eine Erhaltungsphase mit 8-wöchigen Infusionen anschließt. Ravulizumab wird gewichtsadaptiert über 25 – 75 Minuten verabreicht. Die Erhaltungsphase beginnt zwei Wochen nach der Induktionsgabe.

Vor der BehandlungInitialdosisErhaltungsdosis
≥ 2 Wochen Meningokokken-Impfung*Woche 1Woche 3alle 8 Wochen
Dosierungen in Abh. vom Körpergewicht (Kg)Ravulizumab


2.400 mg
2.700 mg
3.000 mg
Ravulizumab


3.000 mg
3.300 mg
3.600 mg
Ravulizumab


3.000 mg
3.300 mg
3.600 mg
40 bis <60 kg
60 bis <100 kg
≥100 kg
Dosierungsregime

*bei sofortiger Therapie antibiotische Meningokokkenprophylaxe bis mindestens 2 Wochen nach der ersten Impfung

Pharmakokinetik

  • Bei Patienten mit MG betrug die mittlere Clearance 0,08± 0,02 l/Tag, das mittlere Verteilungsvolumen 5,74 ± 1,16 l und die mittlere Eliminationshalbwertszeit 56,6 ± 8,36 Tage.
  • Auf der Grundlage der o. g. pharmakokinetischen Parameter ist das Erreichen des Steady State bereits nach der 1. Dosis zu erwarten.
  • Das Körpergewicht ist eine signifikante Kovariable, die zu einer geringeren Bioverfügbarkeit bei schwereren Patienten führt.
  • Ravulizumab wird in die Zellen des retikuloendothelialen Systems endozytotisch aufgenommen und wie alle Antikörper überwiegend durch lysosomale Enzyme katabolisiert. Ravulizumab enthält nur natürlich vorkommende Aminosäuren und hat keine bekannten aktiven Metabolite.
  • Ravulizumab unterscheidet sich zu Eculizumab in einer gering veränderten Aminosäurensequenz in der schweren Kette, sodass vor allem die Bindung an den FcRn erhöht und so der physiologische Abbau der Substanz vermindert ist. Dies erklärt auch die längere Halbwertszeit.
  • Es wurden keine speziellen Studien zur Untersuchung der hepatischen, renalen, pulmonalen oder gastrointestinalen Eliminationswege für Ravulizumab durchgeführt. Von gesunden Nieren werden Antikörper nicht ausgeschieden.
  • Die Studien mit PNH-, aHUS-, NMOSD-, und MG Patienten ergaben, dass Geschlecht, ethnische Abstammung, Alter oder das Vorliegen einer Nieren- oder Leberfunktionsstörung die Pharmakokinetik von Ravulizumab nicht relevant beeinflussen.
  • Ravulizumab kann als IgG-Antikörper potenziell in die Muttermilch übergehen und die Plazentaschranke passieren.

Pharmakodynamik

  • Ravulizumab ist ein terminaler Komplementinhibitor, der spezifisch und mit hoher Affinität an das Komplementprotein C5 bindet. Dadurch wird die C5-Spaltung in die Fragmente C5a und C5b blockiert und die Bildung des terminalen Komplementkomplexes (C5b-9, Membranangriffskomplex) verhindert.
  • Daten zu neutralisierenden anti-Ravulizumab-Antikörpern liegen aktuell nicht vor.

Diagnostik || vor Therapiebeginn 

Anamnese und klinische Untersuchung

Durch Anamnese und klinische Untersuchung sollten gezielt vor jeder Ravulizumab-Infusion mögliche Kontraindikationen (insbesondere Infektionen) ausgeschlossen werden. Anamnese und Untersuchung müssen detailliert dokumentiert werden (obligat). Bei Patienten mit aktiver systemischer Infektion sollte der Therapiebeginn verschoben werden, bis die Infektion vollständig kontrolliert ist (obligat). Aufgrund der Gefahr der Infekt assoziierten Verschlechterungen der MG, sollte jedoch eine längere Therapiepause vermieden werden und ggf. die Therapie unter antibiotischer Abschirmung eingeleitet werden.

Labor-Basisprogramm

  • Routinelaborparameter: Die Bestimmung von Blutbild plus Differentialblutbild, Leberwerten (GOT, GPT, GGT, Bilirubin) und Nierenwerten (Kreatinin) vor Therapiebeginn ist obligat.
  • Entzündungs- und Infektionsparameter: Vor der Einstellung auf Ravulizumab sollte ein Screening auf akute Entzündungen (CRP, Urinstatus) und chronische bakterielle und virale Infektionen (Lues, HBV, HCV, HIV) erfolgen (obligat). Bei V. a. Tbc in der Vorgeschichte oder Personen, die in Gebieten mit höherer Tbc-Prävalenz leben bzw. Kontakt zu Tbc-Erkrankten haben, sollte auf eine Tbc-spezifische Immunreaktion untersucht werden (mittels Tbc-spezifischem ELISPOT oder Interferon-Release-Test, z. B. Quantiferon®) (fakultativ) und bei positivem Testergebnis die Gefahr einer Tbc-Reaktivierung abgeklärt werden (Röntgen-Thorax und ggf. weitere Diagnostik) (fakultativ). Zudem sollte überprüft werden, ob Immunität gegen das Varizella-Zoster-Virus vorhanden ist (fakultativ).

Impfungen

  • Impfstatus: Die Blockade der terminalen Komplementkaskade durch Ravulizumab erhöht das Risiko von Infektionen, insbesondere mit bekapselten Bakterien (z. B. Neisseria meningitidis und Neisseria gonorrhoeae). Es wurde über Fälle von Meningokokken-Infektionen bei mit Ravulizumab behandelten Patienten mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie und (atypischem) hämolytisch-urämischem Syndrom berichtet. Die Patienten müssen daher mindestens zwei Wochen vor der ersten Verabreichung von Ravulizumab gegen Meningokokken der Serogruppen A, C, Y, W135 (Impfstoffe: Menveo®, Nimenrix®, jeweils eine Dosis) und B (Impfstoffe: Bexsero® [2 Dosen], Trumenba® [2 oder 3 Dosen]) geimpft werden.

    Die Impfstoffe gegen Meningokokken der Serogruppen A, C, Y, W135 bzw. B können bei der ersten Gabe an separater Injektionsstelle (bevorzugt: Deltamuskel der Oberarme) gleichzeitig gegeben werden. Die Impfung mit Bexsero® muss mit mindestens vier Wochen Abstand einmalig wiederholt werden.

    Die Impfung mit Trumenba® kann entweder nach sechs Monaten einmalig oder mit mindestens vier Wochen Abstand und danach erneut mit mindestens vier Monaten Abstand wiederholt werden. Wenn ein sofortiger Behandlungsbeginn notwendig ist (z.B. bei myasthener Verschlechterung), muss eine Antibiotikaprophylaxe gestartet und bis zwei Wochen nach der ersten Impfung fortgeführt werden.

    Da Chinolone eine MG verschlechtern können, kommen hierfür in Frage: 1. Wahl: Penicillin V 2 x 1 Mio IE/Tag p.o. (CAVE: Keine zuverlässige Elimination von Meningokokken aus dem Nasen-Rachen-Raum), 2. Wahl: Cefixim 1 x 200 mg/Tag p.o. (CAVE: Begünstigung von Resistenzbildungen und Clostridium difficile-Colitis), ggf. auch Rifampicin 2x 600mg/ Tag p.o. (cave: Interaktionen).

    Die Antibiotikatherapie sollte erst unter laufender Ravulizumab-Therapie durchgeführt werden. Eine erfolgte Impfung schließt allerdings eine mögliche Meningokokkeninfektion nicht aus. Im weiteren Verlauf wird eine Auffrischung alle zwei bis drei Jahre empfohlen. Zudem sollte der Impfstatus generell vor Therapie überprüft und ggf. aktualisiert werden.

    Eine Impfung gegen Pneumokokken ist in jedem Alter empfehlenswert und obligat bei Patienten unter 18 Jahren (Off-Label Anwendung) und über 60 Jahren. Patienten unter 18 Jahren (Off-Label Anwendung) müssen zudem gegen Haemophilus influenzae geimpft werden (obligat).
  • Schwangerschaftstest: Bei Patientinnen im gebärfähigen Alter muss ein negativer Schwangerschaftstest vorliegen oder die Schwangerschaft anderweitig sicher ausgeschlossen sein (obligat).

Dokumentierte Aufklärung der Patienten über Therapie und Risiken 

Eine standardisierte Aufklärung über Risiken und Nutzen der Ravulizumab-Therapie und eine schriftliche Einwilligungserklärung des Patienten sind vor Behandlungsbeginn obligat.

Vergleichbar zu Eculizumab sollte speziell auf ein erhöhtes Risiko von schwerwiegenden und potentiell tödlich verlaufenden Infektionen (in erster Linie Meningokokken-Infektionen, v.a. Meningokokken-Sepsis sowie auch Infektionen durch Neisseria gonorrhoeae, Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae B und Schimmelpilz der Gattung Aspergillus) sowie auf Vorsichtsmaßnahmen (sofortige ärztliche Vorstellung und ggf. früher Beginn einer entsprechenden Antibiotikatherapie) ausführlich eingegangen werden. Den Patienten muss vor Therapiebeginn das als Teil der Zulassungsauflagen erstellte Schulungsmaterial zu Ultomiris® in Form der verfügbaren Informationsbroschüre sowie die Patientenkarte ausgehändigt werden.

Vortherapien || Abstand und Maßnahmen

In der CHAMPION-MG-Studie wurde Ravulizumab als Add-on-Therapie eingesetzt. Neben Kortikosteroiden hatten die Patienten Azathioprin, Mycophenolat mofetil, Cyclosporin, Tacrolimus, Methotrexat, Cyclophosphamid oder auch Rituximab als bisherige Immunsuppression. Aufgrund einer möglichen Verschlechterung der MG sollte Ravulizumab daher möglichst nicht nach Therapiepause, sondern überlappend begonnen werden. Bei Wechsel der immunsuppressiven Dauertherapie sollten – sofern klinisch vertretbar – eventuelle Laborveränderungen (z. B. Lympho-/Leukopenien, Leberwerterhöhungen) und Nebenwirkungen grundsätzlich abgeklungen sein (fakultativ).

Während der Infusion

Die Verabreichung von Ravulizumab kann potentiell zu einer akuten Infusionsreaktion oder anaphylaktischen Reaktionen führen. Die Therapie soll daher nur unter entsprechenden Kautelen und engmaschiger Überwachung von erfahrenem medizinischem Fachpersonal durchgeführt werden (obligat). Die Infusionen müssen über 25 – 75 Minuten über eine Venenverweilkanüle mit sicherer intravenöser Gabe durchgeführt werden (obligat). Die Patienten sollen während und eine Stunde lang nach der Infusion überwacht werden. Falls während der Verabreichung eine Nebenwirkung auftritt, kann die Infusion nach Ermessen des Arztes verlangsamt oder abgesetzt werden. Wenn die Infusion verlangsamt wird, sollte die Gesamtinfusionsdauer bei Erwachsenen zwei Stunden nicht überschreiten. Bei schweren Reaktionen muss die Infusion gestoppt werden und eine symptomatische Therapie eingeleitet werden.

Mittel zur Behandlung anaphylaktischer und/oder schwerer Reaktionen müssen verfügbar und das Infusionsteam hinsichtlich der Behandlung von anaphylaktischen und/oder schweren Infusionsreaktionen geschult sein (obligat). Ein uneingeschränkter Zugang zu einer intensivmedizinischen Versorgungs- und Behandlungseinheit im eigenen Haus oder im nächstgelegenen Krankenhaus (z.B. via Rettungstransportwagen) ist nach der Erstversorgung einer schweren Infusions- oder allergischen Reaktion erforderlich (obligat).

Bezüglich der Handhabung und Herstellung der Infusionslösung sowie der Infusionsgeschwindigkeit sollte die Fachinformation herangezogen werden.

Monitoring

Klinisch-neurologische Kontrolle

Vor jeder Medikamenten-Gabe sollen Patienten gezielt nach Zeichen einer Infektion (insbes. systemische Infektion oder Meningitis) befragt bzw. untersucht werden (obligat). Nach dem ersten Behandlungsmonat und dann vierteljährlich müssen klinisch-neurologische Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden (obligat). Hierbei sollte regelhaft der MG-ADL und der QMG zur Dokumentation (mindestens vierteljährlich) eines Therapieansprechens bestimmt werden.

Labor-Basisprogramm

Blutbild und Differentialblutbild sowie Leberparameter (GOT, GPT, Bilirubin, AP) und Nierenwerte (Kreatinin) müssen zu Therapiebeginn in Abhängigkeit möglicher Vortherapien zunächst nach zwei und vier Wochen (obligat) und danach bei guter Verträglichkeit alle drei Monate (fakultativ) erfolgen.

Impfungen

Die Meningokokken-Impfung (gegen Serogruppen A, C, Y, W135 und B) soll alle zwei bis drei Jahre aufgefrischt werden.

Während der Therapie

Myasthene Krisen, die unter Ravulizumab-Therapie auftreten, können mittels intravenöser Immunglobuline (IVIg), Plasmapherese (PE) oder Immunadsorption (IA) behandelt werden. Dabei muss mit einer beschleunigten Elimination von Ravulizumab gerechnet werden, daher sollte die PE/IA falls möglich vor der Ravulizumab-Gabe erfolgen. Um die Wirkung von Ravulizumab trotz einer Apherese oder IVIg-Therapie aufrechtzuerhalten, soll gemäß Fachinformation innerhalb von vier Stunden nach jeder Apherese-Sitzung eine gewichtsadaptierte Ravulizumab-Ergänzungsdosis (1.200 – 1.800 mg) verabreicht werden. Bei IVIg-Behandlung sollte bis zu vier Stunden nach Abschluss eines Behandlungszyklus 600 mg Ravulizumab verabreicht werden. Die klinische Relevanz von zusätzlichen Ravulizumab-Gaben während einer Apherese- oder IVIg-Behandlung wurde bei MG nicht untersucht.

Besondere Hinweise

Schwangerschaft und Stillzeit

  • Grundsätzlich sollte Ravulizumab während der Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden. Gemäß der EMA Empfehlungen sind Frauen im gebärfähigen Alter auf die Notwendigkeit einer wirksamen Empfängnisverhütung während der Behandlung und mindestens acht Monate nach der letzten Ravulizumab-Dosis hinzuweisen (obligat).
  • Bisher liegen keine klinischen Daten zur Anwendung von Ravulizumab bei Schwangeren vor. Eine unerwartete Schwangerschaft unter Ravulizumab ist keine zwingende Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch.
  • Sollte nach einer kritischen Nutzen-Risiko-Analyse im Rahmen einer individuellen Therapieentscheidung die Behandlung während einer Schwangerschaft für notwendig erachtet werden, wird zu einer strengen Überwachung von Mutter und Fetus entsprechend den lokalen Leitlinien geraten.
  • Aus den zur Verfügung stehenden begrenzten Daten geht hervor, dass Ravulizumab nicht in messbaren Mengen in die Muttermilch übergeht bzw. negative Effekte auf die gestillten Kinder hat. Aufgrund der Einschränkungen der verfügbaren Daten sollte Stillen während der Ravulizumab-Therapie vermieden werden.

Impfungen

Bezüglich der Impfungen vor Therapiebeginn s. Punkt 3 „Impfungen“. Nach abgeschlossenen Meningokokken-Impfungen wird im weiteren Verlauf eine Auffrischung alle zwei bis drei Jahre empfohlen.

Infektionen 

Aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos für bestimmte Erreger (s.o.) ist eine erhöhte Vigilanz erforderlich. Bei akuten Infektionen unter Ravulizumab sind unverzüglich Maßnahmen zu Diagnostik und Therapie einzuleiten. 

Dauer der Therapie

MG ist eine chronisch verlaufende Erkrankung, weshalb eine langfristige Immuntherapie grundsätzlich empfohlen wird. Entsprechende Daten zur Langzeitanwendung bei MG liegen aktuell noch nicht vor. Bei der PNH zeigen die ersten Behandlungen über 2 Jahre nach der Zulassung keine neuen Nebenwirkungen. Das erhöhte Risiko von schwerwiegenden Infektionen und der hohe Therapieaufwand schränken eine lebenslange Therapie möglicherweise ein. Die Therapie mit Ravulizumab sollte im Verlauf regelmäßig reevaluiert werden.

Patientenaufklärung

Die DMG stellt einen Patientenaufklärungsbogen zur Therapie mit Ravulizumab für Sie bereit. Diesen können Sie hier herunterladen.

Autoren

PD Dr. med. Marc Pawlitzki
Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf
Univ.-Prof. Dr. med. Tobias Ruck
Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf
Dr. med. Charlotte Schubert
Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Autoren

Linus Olbricht, Assistenzarzt

Neurologie, Universitätsklinikum Gießen

Prof. Dr. Heidrun Krämer-Best

Neurologie, Universitätsklinikum Gießen

Dr. med. Christina Schroeter

Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf

Univ.-Prof. Dr. med. Tobias Ruck

Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Düsseldorf